Wie sich dann alles entwickelte...
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1987 |
In nur wenigen Monaten baute dann Rainer E. Pilz auf dem flachen Land in Kranzberg (Bayern) ein CD-Presswerk, das bereits 1987 den Betrieb der CD-Herstellung aufnahm. Die Nachfrage nach freien Produktionskapazitäten für CDs war riesig und sofort schaffte er es, an lukrative Aufträge auch von den Branchenriesen wie PolyGram, EMI und BMG zu kommen. |
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Die Anschrift des Presswerkes war:
Pilz Compact Disc KG Am Hart 18 D-8051 Kranzberg/München West-Germany |
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Bei einem persönlichen Besuch des Inhabers des CD-Museums der Produktion vor Ort in Kranzberg konnten wir allerdings feststellen, dass es immer wieder Störungen gibt, weil im Produktionsablauf auch umfangreich der Werkstoff verbaut ist, wo Herr Pilz sich auskennt. |
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Dieser Werkstoff war Aluminium und was beim Fassadenbau funktioniert, ist in einer industriellen Fertigung nicht immer hilfreich. Denn Aluminium ist unter Belastung nicht verwindungsstabil und gerade dort, wo es darauf ankommt, dass präzise Funktionsabläufe gewährleistet sein müssen, führt das dann zu Störungen. Hier waren es oft die Führungsschienen, die den Materialzufluss steuern sollten.
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Um eine zusätzliche Auslastung der Produktions-Kapazitäten zu erreichen, kaufte die Pilz Media-Group die Musikrechte einiger Marken, die dann in den Unternehmensverbund eingegliedert wurden: |
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- Golden Legends
- Golden Classics
- Jamaican Gold
- Semea Tropica
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Und der Name Pilz wird in verschiedenen Variationen auch bei CD-Veröffentlichungen eingesetzt. Nicht immer ist dabei erkennbar, wer tatsächlich die Rechte hat. |
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1988 |
Da passt es auch ganz gut, dass die Regierung der DDR den technologischen Anschluss an den Westen nicht verlieren will und Pilz mit dem Außenhandelsministerium der DDR in Ostberlin erste Verhandlungen für den Bau eines CD-Presswerkes in Thüringen führt. |
1989 |
Und dann ist es so weit, das erste deutsch-deutsche Jount-Venture wird 1989 vereinbart. Mitten im Jubel um die Maueröffnung vereinbaren die DDR und Pilz ihr Projekt. Zusammen mit dem DDR-Kombinat Robotron soll Pilz ein großes Werk unter dem Namen "Pilz-Robotron GmbH" in Thüringen errichten, die Kosten betragen fast 300 Millionen West-Mark. Pilz übernimmt ein Drittel der Kosten des Werkes und die Verantwortung für das Projekt. Als Standort wird Suhl festgelegt, aber das führt zu kurzfristigen Störungen der Verhandlungen, weil die Stadt Suhl am vorgesehenen Gelände für eine benachbarte Schießsportanlage Beeinträchtigungen befürchtet. Doch die Lösung kommt schnell, weil der Bürgermeister des benachbarten Ortes Albrechts ein Wiesengrundstück anbietet. Albrechts wird später im Zusammenhang mit der Gebietsreform nach Suhl eingemeindet. |
1991 |
Im August 1990 segnen die Treuhandanstalt und das Land Bayern die Finanzierung ab und im August 1991 beginnt der Bau des Werkes. Der seinerzeitige Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) kommt nach Thüringen und setzt den Grundstein für die Pilz-Robotron GmbH. 30 Millionen CDs und 140 Millionen CD-Verpackungen soll das Werk in Kürze herstellen. Politiker aller Parteien sehen in diesem Projekt die große Chance und sehen es als "Aufschwung im Osten". |
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Zwischenzeitlich wird Rainer E. Pilz immer mehr zum Liebling der Medien und seine bereits erwähnten "Waldspaziergänge" und die hierbei von ihm medienwirksam zelebrierten Weisheiten zu volkswirtschaftlich als wichtig erachtete Themen werden insbesondere von den TV-Sendern gerne aufgenommen. Bei diesen Gelegenheiten wird er immer als Vorzeigeunternehmer zum Thema Aufbau Ost der Welt präsentiert. |
1992 |
Die Fertigstellung des Werkes schreitet voran und so beginnt 1992 schrittweise mit 230 Mitarbeitern der Probebetrieb am neuen Standort in Suhl. Die Mitarbeiter für das neue Werk in Suhl stammen weitestgehend aus der Region, wo eine hohe Arbeitslosigkeit herrscht. Da natürlich spezielle Kenntnisse für die Herstellung der CDs erforderlich sind, waren diese Mitarbeiter von dem Unternehmer Rainer E. Pilz im Stammwerk in Kranzberg für ihre neuen Aufgaben ausgebildet worden. Somit beherrschten sie durchaus die technische Seite ihrer Arbeit. Und eine Zukunft war zu dieser Zeit für die CD-Technologie als Produkt auch vorhanden. |
Rainer E. Pilz im Foyer des Werkes
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1993 |
Dann ist es so weit, am 5. Mai 1993 startet das Werk offiziell seine Produktion. Am Tage der Eröffnung ist wieder die Politprominenz vor Ort. Bundeswissenschaftsminister Matthias Wissmann (CDU) und Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) begrüßen die Fertigstellung in der üblichen Art und mit großen Worten. Dazu gehörte, das neu eröffnete Werk als ein positives Beispiel für den Aufbau Ost zu bezeichnen. |
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1993 |
Neben dem neuen Werk in Thüringen ist Rainer E. Pilz mit seinen Söhnen auch parallel mit internationalen Aktivitäten tätig. In den USA wird ein weiteres Werk zur CD-Produktion in Concordville, Pennsylvania errichtet. Hierfür wird eine Investitionssumme von 12 Mio. US $ mit einem erheblichen Anteil auch von örtlichen staatlichen Stellen eingesetzt. |
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Am 9. Juli 1993 ist das neue Werk offiziell fertiggestellt und die Pilz America, Inc. mit 65 Mitarbeitern wird gestartet. Etwa 20 Prozent der zunächst geplanten Jahresmenge von 8 Millionen Disc sollten Eigenproduktionen der Musiklabels der Pilz-Gruppe werden. Bereits auf der Eröffnungsfeier werden auch schon mögliche Ausbaupläne in den nächsten ein bis zwei Jahren auf eine Jahresproduktionsmenge von 30 bis 40 Millionen CDs gehandelt. Auch weitere Werke in den USA schließt Rainer E. Pilz als Antwort auf eine entsprechende Frage mit den Worten "I think now, this one is good" nicht aus.
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Die Anschrift des Presswerkes war:
Pilz America, Inc. 54 Conchester Road Concordville, PA USA
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1993 |
Was bei all den Aktivitäten des Herrn Rainer E. Pilz niemand zu dem Zeitpunkt wusste, war die Tatsache, dass er und seine Firmengruppe eigentlich schon 1993 insolvent war. Und der Grund lag in der Öffnung der Mauer zur ehemaligen DDR. Denn sein Partner für das Projekt des CD-Presswerkes, die Robotron, war von der Treuhand liquidiert worden und so musste Pilz das Werk in Suhl-Albrecht allein finanzieren und fertigstellen. Auch die erwartete erhöhte Nachfrage nach zu replizierenden CDs blieb aus und so musste er mit der Bayrischen Vereinsbank und anderen Kreditinstituten eine "Sanierungsvereinbarung" im März 1994 unterzeichnen. Bereits im Oktober 1993 hatte er und seine drei Söhne sämtliche Firmenanteile als Pfand an die Bayrische Vereinsbank übergeben müssen und später kam noch eine persönliche Bürgschaft über 15 Millionen DM dazu. |
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Das Werk in Albrechts übernahm dann im Oktober 1993 das Land Thüringen. Sie setzte dafür die bm-t (beteiligungsmanagement thüringen gmbh) ein, eine Tochtergesellschaft der Thüringer Aufbaubank und damit war Pilz auch hier nicht mehr im Geschäft. Diese Übernahme führte dann wegen der finanziellen Hilfen später zu langwierigen Prozessen mit der EU, mit der Forderung der Rückzahlung der staatlichen Unterstützung. Denn hier waren etliche Millionen Steuergelder zur Rettung des Werkes geflossen. |
1994 |
Als dann in der Pilz-Gruppe Mitte 1994 erneute Finanzierungsprobleme auftauchten, drehten die Banken den Geldhahn zu und Rainer E. Pilz wurde aufgefordert, einen Käufer für die Gruppe zu suchen. Es fanden sich auch etliche Interessenten und zum Schluss war dann eine Bietergruppe, die sich zur CMI zusammen geschlossen hatte, der Übernahmekandidat. Doch auf den letzen Poker kurz vor Vertragsunterzeichnung gingen die Banken nicht ein und damit war die Gruppe insolvent. Auch das Lager mit über 30 Millionen CDs war nichts mehr wert. |
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In dem Zusammenhang tauchte dann auch eine Betrugsmasche von Pilz auf, der offensichtlich immer wieder Lohnaufträge genutzt hatte, sogenannte Überproduktionen herzustellen, die er auf eigene Rechnung verkaufte. Und das, obwohl er den Kunden immer mitgeteilt hatte, Restmengen und die Werkzeuge vernichtet zu haben. Durch den Hinweis eines Mitarbeiters wurde auch ein lukratives Geschäft des Konkursverwalters "vermasselt", da eine schnelle Kontrolle der Rechteinhaber im Werk von den Majors PolyGram und EMI riesige Mengen solcher Disc fanden, die somit nicht mehr für eine Vermarktung zur Verfügung standen. Gerade noch rechtzeitig, weil geplant und auch schon vorbereitet worden war, diese Disc wenige Tage später in die USA zu verschiffen, um sie von dort - außerhalb des Zugriffes der Rechteinhaber - in den Markt zu bringen.. |
1995 |
Bereits im Herbst 1995 wird Pilz verhaftet und in einem langwierigen Prozess wegen Subventionsbetrug und Verwendung beantragter Mittel und Kredite für andere Zwecke, auch zur Sanierung seines Schlosses in Bayern und sein Anwesen am Gardasee hatte er die Gelder eingesetzt. Aber die Hauptsummen wurden zur Stopfung von Finanzlöchern in der Gruppe genutzt und so wird Reiner E. Pilz zu sechs Jahren Haft verurteilt. Seine Revision beim Bundesgerichthof wird 1999 abgeschmettert. |
1996 |
Das Werk in Kranzberg musste am 28.06.1995 Konkurs anmelden und durch die Verwaltung der Banken dauerte es noch bis 1996, bis dann endgültig buchstäblich "die Lichter ausgingen". Das Werk in Concordsville in den USA wurde ebenfalls im zweiten Halbjahr 1996 endgültig geschlossen, auch weil sich kein Käufer für das Werk fand.
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Die Geschichte des der Pilz-Group ist damit Vergangenheit, aber das Werk in Suhl-Albrechts gibt es immer noch und ist unter dem Namen CDA GmbH weiter im Markt aktiv und zählt zu den bedeutenden Werken in Europa. Natürlich ist es in Thüringen mit so einem Technologiestandort nicht einfach und zu Beginn gab es nach der Loslösung aus der Pilz-Gruppe auch einige kritische Zeiten, die allerdings gemeistert wurden.. |
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Das aber auch nur, weil man bei CDA frühzeitig erkannt hat, dass das produzieren optischer Medien nicht ausreichend zukunftssicher ist und das vorhandene technologische Wissen eingesetzt hat, um auch Produkte für andere Branchen herzustellen und hier ist insbesondere die Medizin-Sparte zu sehen. Doch im Jahre 2023 musste CDA Insolvenz in Eigenverantwortung anmelden, weil nach eine Investition in eine Produktionslinie der Investor abgesprungen war. Im Jahre 2024 wurden Teile des Werkes an das Unternehmen AAC Technologies Holding aus Singapur verkauft. Künftig werden hier hochpräzise Mikrooptiken aus Kunstoff für Smartphone-Kameraoptiken entwickelt und hergestellt.
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