Haltbarkeit, Pflege & Einflussgrößen

Es ist offensichtlich einfach nicht möglich, den schlechten Ruf der Silberscheiben aus den Köpfen der Mitmenschen zu vertreiben. Denn dieser schlechte Ruf ist keinesfalls gerechtfertigt. Die industriell replizierten Disc haben im Normalfall keine Alterungsprobleme oder Langzeitschäden, wenn in der Produktion und auch bei den Nutzern der Disc bestimmte Regeln beachtet werden.
 
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Der Schwerpunkt hier in diesem Beitrag ist das Thema Haltbarkeit. Und die im Titel erkennbaren Schlagworte Pflege und Lagerung werden hier nur am Rande mit behandelt, soweit das bei den Aussagen zur Haltbarkeit im direkten Zusammenhang erforderlich ist. Ein eigenständiger Beitrag in der Rubrik Sonstiges beschäftigt sich mit dem Thema Pflege und Lagerung, weil das eben nicht in zwei Sätzen abgehandelt werden kann. Auch wollten wir hier keine Zusatzthemen mit einbringen, obwohl die Pflege und auch die Lagerung durchaus eine Einflussgröße darstellen.
 
   
 
   

Labortests und ein Beispiel aus der Praxis

Als die Entscheidung feststand, die Compact Disc Audio zur Marktreife zu entwickeln, erteilte Philips in Eindhoven (Niederlande) dem Presswerk PolyGram in Hannover-Langenhagen den Auftrag, eine industrielle CD-Produktion aufzubauen. Da eine solche Produktionstechnologie bis zu diesem Zeitpunkt weltweit noch nicht verfügbar war, mussten alle Details und Einzelschritte erst noch erarbeitet werden.
Neben dem Aufbau einer funktioinierenden Technologie zur Herstellung in den Einzelschritten wurden umfangreiche Testreihen gefahren mit unterschiedlichen Materialien, um den Werkstoff zu finden, der alle Kriterien für den neuen Tonträger* erfüllen konnte und dabei auch noch langzeitstabil sein musste. Granulat Polycarbonat
Bild © 2024 CD-Museum
Das Granulat Polycarbonat konnte schließlich alle Kriterien erfüllen und wurde somit auch bezüglich der möglichen Lebensdauer harten Tests ausgesetzt. In Klimakammern waren Dauerbelastungen aus Kälte und Wärme Bestandteil der künstlichen Alterungsprozesse und die ersten nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführten Versuchsreihen ließen eine Lebensdauer von über 50 bis 100 Jahren auch bei wiedrigen Umständen erwarten.
Da auch die Lichtbrechung, das Fluss- und Erkaltungseigenschaften positiv bewertet werden konnten, war die Suche erfolgreich.
Jetzt im Jahre 2024 wissen wir, die CD ist, wenn sie pfleglich behandelt wird, ohne Probleme in der Lage, steinalt zu werden. Allerdings nur in der Version als industriell replizierte Disc und auch nur, wenn sie in einem klassischen Presswerk hergestellt wird, wo die Standardabläufe funktionieren und eine einwandfreie Kontrolle der Produktionsabläufe sichergestellt ist.
*Der Begriff Tonträger deshalb, da ja die spätere Nutzung für andere Einsatzgebiete in der Entwicklungsphase der CD überhaupt noch kein Thema war.
   
Und nun eine nette kleine Geschichte aus dem Leben:
Im November 2023 hatten wir eine nette Mail-Korrespondenz mit einem sympathischen Menschen aus den Niederlanden. Es stellte sich heraus, das er in der frühen Phase der CD-Entwicklung bei Philips in Eindhoven an dem Projekt mitgearbeitet hatte und er berichtete von einer fast vergessenen Compact Disc, die über längere Zeit ihr Dasein im Garten verbringen musste.
Diese CD diente als Vogel-Abschreckung, um eine Ernte der Beeren möglich zu machen. Ganze zwei Jahre hing dieser CD in Sträuchern und wurde jetzt von ihm mal ausprobiert, ob die Disc noch ausgelesen werden konnte.
Obwohl die Disc auf der Abspielseite mit feinen Kratzern übersät war, konnte der CD-Player diese nach der Befreiung vom Schmutz einwandfrei abgespielen. Feinste Schäden auf der Labelseite sind zwar auch feststellbar, aber sie sind nur auf der Druckebene vorhanden und haben nicht die darunter liegende Schutzlackierung beschädigt. Die Geschichte im Original-Wortlaut ist in der linken Abbildung nachlesbar und dort gibt es auch zwei Bilder mit der "CD im Einsatz". Rechts ist die CD im aktuellen Zustand zu sehen. Wir bedanken uns bei dem lieben Kontakt für die Überlassung des Exponates und die Genehmigung, diese kleine Geschichte erzählen zu dürfen.
     
   
 
   

Fehler/Probleme in der Replikation

Ja, es hat sie gegeben, Fehler in der Herstellung der CD und auch anderer Versionen, die auf der CD-Technologie basieren. Einige davon wurden sehr schnell erkannt und korrigiert, bevor diese in der Serienproduktion Schaden anrichten konnten. Andere wirkten sich erst einige Zeit später aus und führten auch zu einem Imageschaden des neuen Tonträgers.
Sicher ist das bekannteste Problem, was auch in großen Schlagzeilen durch die Presse ging mit Titeln wie "Die CD zerstört sich selbst" ein Thema gewesen, wo im Nachgang nicht mehr eindeutig festgestellt werden konnte, war es Unkenntnis oder war es einfach "Schlamperei", was da in der Produktion dieser Werke passiert ist. Und ausgerechnet die zwei Presswerke, wo die Probleme auftauchten, hatten auch noch eine Pressekampagne angestoßen.  
Um was ging es denn da? In verschiedenen Ländern - insbesondere in Europa - tauchten CD-Produktionen auf, die sich nach einigen Monaten veränderten. Es war also ein schleichender Prozess, wo zunächst an einigen Stellen der Oberfläche die Aluminium-Verspiegelung, also die Reflexionsschicht, schwarz wurde und die Stellen immer größer wurden und an diesen Stellen Löcher in der Schicht entstanden und damit waren diese Disc nicht mehr abspielbar.
Und was war die Ursache? Was oft übersehen wird, ist ja bei einer CD die Labelseite sehr empfindlich. Denn hier ist die Reflexionsschicht der CD aufgebracht, die nur durch eine wasserlösliche Acryllackschicht geschützt wird und auf dieser Schicht wird das jeweilige Label aufgedruckt.
Und in diesen beiden Werken aus England (es war Nimbus und das pdo-Werk aus Blackburn)  war der Fehler passiert, den Labeldruck mit lösungmittelhaltigen Farben zu bedrucken. Und das war eine tickende Zeitbombe, weil die Moleküle der Lösungmittel durch die Acryllack-Sperrschicht diffungierten und mit der Aluminium-Reflexionsschicht reagierten und dann eben zu einem Lochfrass und chemischen Veränderung dieser Schicht führten. Erfreulicherweise trat dieses Problem in anderen Werken nicht auf, vielleicht auch, weil man um diese chemischen Reaktionen wusste. Selbst bei dem pdo-Werk in Hannover-Langenhagen (vormals PolyGram) gab es das Problem nicht. 
   
   
 
 

Langzeitschäden mit Folgen

Und dann gibt es auch die Kathegorie der Disc, die man eines Tages abspielen will und dabei feststellen muss, die Zeit hat da etwas angerichtet, die dem Wunsch der Abspielbarkeit der Disc entgegen wirkt. Mit anderen Worten, die Disc sind Schrott, weil sie nicht mehr abspielbar sind und auch Reparaturmaßnahmen nicht mehr helfen. Dabei hätte es in einem frühen Stadium geholfen, die Ursache noch zu beseitigen und damit den Prozess zu stoppen...
Was ist da passiert? Die Bilder YouTube-Video zum Thema © 2017 CD-Museum 
  
Eigentlich nicht viel, aber da hatte man es bei der Produktion der Disc nur gut gemeint und hatte die Disc in der Jewel-Case bei einer Mehrfach-Box mit einem Schaumstoff-Deckblatt vor dem verkratzen schützen wollen. Dieses etwa 3mm starke Schaumstoffstück wurde zwischen der CD und dem Innentray der Mehrfachbox bzw. Booklet lose gelegt. Und natürlich hat diese Schaumstoffschicht einen direkten Kontakt zu der Compact Disc.
Doch an eins hatte man nicht gedacht, auch weil man da keine Langzeiterfahrung hatte. Das poröse Schaumstoff braucht zur Beibehaltung der Beweglichkeit auch wieder sogenannte "Weichmacher". Und darin sind Lösungsmittel enthalten und die entweichen über die Dauer der Jahre und lösen dabei einen Prozess aus, der die empfindliche Oberfläche der CD von der Labelseite her angreift.
Diese Lösungsmittel diffungieren durch die Acrylharz-Schutzschicht und lösen die in der Regel aus Aluminium bestehende Reflexionsschicht punktuell bis flächig (je nach dem Ausmaß des Kontaktes) auf. Ein Prozess, der unumkehrbar ist und damit die CD zerstört. Das Trägermaterial aus Polycarbonat bleibt ohne Veränderungen, aber was nützt das, wenn der Laserstrahl keine Reflektionsschicht mehr findet.
Der wohl in den meisten Fällen zu spät kommende Rat lautet hier, diese eingelegte Schaumstoffschicht schnellstens zu entfernen und die Disc mit lauwarmen Wasser gründlich abzuspülen. Zum trocknen auf Küchenkrepp auslegen und notfalls mit einem weichen Tuch abtupfen. Aber niemals abwischen, um Kratzer zu vermeiden.
     
   
 
   

Störungen im Alltagsbetrieb

Ein weiteres Thema, das auch aktuell immer mal wieder auftreten kann, ist eine Veränderung der Auslese-Oberfläche einer Compact Disc, die sich in Form eines milchigen Belages bis zu einem Effekt von Eisblumen darstellt. Dieser Effekt kann auch bei einer DVD entstehen und zu beiden Gruppen liegen dem CD-Museum Beispiele vor. Solche Probleme können in allen Presswerken und auch bei allen Produktionen auftauchen, werden aber nicht sofort erkannt.
Wie kann so etwas passieren? Nun, der Grund liegt in zwei wesentlichen Faktoren und das musste erst erkannt werden, um auch hier für Abhilfe zu sorgen. Es ist einmal das ja in unserer heutige Welt so beliebte "just in time", also die Bereitstellung von Produktionen zu dem Zeitpunkt, wo sie benötigt werden und andererseits die Kombination ungünstiger Bedingungen, um es mal so zu nennen. Beispiel Eisblumeneffekt
Zur produktionstechnischen Seite in der Replikation eines Presswerkes gehört es ja auch, die verschiedensten Teilschritte parallel laufen zu lassen und ganz zum Schluss dann alle Bestandteile zusammen zu führen. Also zu der Disc kommt im Rahmen der Konfektionierung neben dem Case (CD- oder DVD-Box) auch das Tray und die drucktechnischen Ergänzungen. Und alle diese Teile des Produktes werden dann eben in der Fertigung zugeliefert und in den Automaten komplettiert und dann auch verpackt.
Und hinzu kommt dann auch noch in vielen Fällen das für den Handel und Käufer als optisches Erkennungszeichen für Neuware so beliebte einschrumpfen oder cellophanieren der Disc-Boxen mit einer Klarsichtfolie. Und damit verbunden ist dann auch eine fast luftdichte Versiegelung des frisch produzierten Ton- oder Bildträgers. Werden die Einzelschritte der Produktion ohne Ruhezeiten der Disc durchgeführt, kommt somit eine frisch replizierte Disc in eine gemeinsame Verpackung mit Printmedien und verschiedenen Kunststoffen in Kombination. Und so entsteht ein Kleinklima, wo die Lösungsmittel und Weichmacher noch nicht ausreichend ausgedünstet sind. Und das führt zu chemischen Reaktionen, die zwar einige Zeit brauchen, aber ihre Spuren hinterlassen können.
Etwas ähnliches kann auch bei der Lagerung im heimischen Regal oder Schrank passieren, weil hier neben einer fehlenden ausreichenden Belüftung noch die verwendeten Materialien der Regale und Schränke hinzu kommen. Hier denken wir an die Klebstoffe bei der Aufbringung von holzähnlichen Folien und auch an die Lackierung oder Imprägnierung (Stichwort Formaldehyd) von Holz als häufigster Bestandteil von solchen Aufbewahrungssystemen. Auch hier ist es die Kombination einer nicht ausreichenden Belüftung mit ausdünstenden Lösungsmitteln. Denn gerade die Lösungsmittel und Holzschutztechniken wurden ja nicht im Bezug auf eine höchstmögliche Verträglichkeit mit den Ton- oder Bildträgern ausgewählt, sondern diese solle den Zweck einer Lagerung und Haltbarkeit im Sinne eines Regales oder Schrankes erfüllen.
Das "mögliche" Ergebnis ist dann die Entstehung eines milchigen Belages auf der Ausleseebene der Disc, wo sich dann mit der Zeit alles auswirkt, was da an Störgrößen möglich ist. In einem frühen Stadium kann dieser Belag mit warmen Wasser und einem einfachen Spülmittel abgewaschen werden. Aber bitte darauf achten, keine groben Tücher für den Reinigungs- und Trockungsvorgang verwenden, dann sind die Disc auch noch verkratzt. Einfach abtupfen oder auf Küchenkrepp legen, um die Restfeuchtigkeit zu entfernen, reicht im Normalfall.
Kritischer ist es, wenn der Prozess länger auf die Disc einwirkt, dann können sogenannte "Eisblumen" entstehen, die hartnäckig sind und nicht mehr abgewaschen werden können. Hier hilft es nur, eine "brutalere" Methode zu verwenden und das ist ein abschleifen mit hierfür geeigneten Techniken. Aber es ist bitteschön darauf zu achten, auch hier nur hochwertige Technik einzusetzen und nicht die oft als Wundertechnologien verkauften "CD-Schrubber". Die sind zwar in der Lage, den Belag zu entfernen, hobeln dabei aber auch eine gehörige Schicht des Polycarbonates mit ab und damit kann bei einer Wiederholung eine DVD schon nicht mehr auslesbar sein, weil die Materialstärken nicht mehr stimmen. Hochwertige Disc-Repair-Systeme arbeiten dagegen so vorsichtig, das theoretisch der Prozess auch fünfzig bis einhundert mal wiederholt werden könnte.
Übrigens, solche Disc-Repair-Systeme sind auch bei bespielten CD- oder DVD-Rohlingen verwendbar, eben weil sie so überaus vorsichtig arbeiten. Das ganze Thema solcher Systeme werden wir im Bereich Sonstiges / Zubehör & Pflege auch noch näher beschreiben.
Anmerkung: Das als Beispiel gezeigte Bild einer solchen Disc zeigt eine Promo-CD, die es als Version aus den USA und aus UK gibt und die betroffene Version stammt aus dem Vereinigten Königreich. Hier war als Ursache die Weichmacher des Tray festzustellen und das Ergebnis nach der Bearbeitung mit dem Disc-Repair-System des Marktführers aus Japan dürfte jeden überzeugen. Der Prozess der Bearbeitung erfolgte mit dem Gerät "ECO Clever" und war auch bei weiteren Disc, die ebenfalls mit dem "Eisblumen-Effekt" befallen waren, erfolgreich.
   
   
 
 

Was da noch zu sagen ist...

Wenn wir das jetzt zusammenfassen, ergibt sich somit ein Bild, was trotz dieser hier aufgezeigten "Problemfälle" eine lange Zukunft für die Silberlinge bedeutet. Und die eingangs in den Laborversuchen erwartete Lebensdauer von etwa 50 bis 100 Jahren dürfte ohne Probleme erreichbar sein. Und die Lebensdauer wird sogar erheblich überschritten werden können, wenn die Störgrößen einer sorgfältigen Replikation nicht bestehen und die Frage der richtigen Lagerung und Behandlung der Disc alle stimmen.
Und zum Thema von Rohlingen im Bereich der CD oder DVD ist dringenst zu empfehlen, nur hochwertige Marken-Rohlinge einzusetzen und da ist zu billig gekauft so ähnlich, als würde man Verträge handschriftlich auf einem Bierdeckel abschließen. Gültig ist der zwar auch, aber ist der nach Jahren noch auffindbar und in welchem Zustand ist der dann?
 
   
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